Die Energiewende stellt die Industrie vor Rahmenbedingungen, die zunehmend komplexer und herausfordernder werden. Das Innovationsnetzwerk nahm dies zu Anlass um Industrie, Verwaltung und Wissenschaft einzuladen und den Status quo sowie die zukünftigen Herausforderungen für Industrieofenbau und Thermoprozesstechnik zu diskutieren. Der Einladung zur Diskussionsrunde am 7. April 2022 sind rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, überwiegend aus dem produzierendem Gewerbe und dem Anlagenbau, darunter viele KMU, gefolgt. Vertreten waren nahezu alle Zweige der Metall- und Mineralindustrie, wie eine kurze Umfrage im Rahmen der Veranstaltung zeigte.
In drei Impulsvorträgen zu den Themen: Technik, Ökologie und Wirtschaftlichkeit stellte das Institut für Industrieofenbau und Wärmetechnik der RWTH Aachen University einige Aspekte der aktuellen Entwicklungen im Kontext der Energiewende vor. Diese wurden in einer gemeinsamen Diskussion am virtuellen Whiteboard für die Technolgieschwerpunkte: Elektrifizierung, Wasserstoff und Flexibilität weiter vertieft. Zwei Leitfragen sollten die Diskussion anregen. Zum einen die Frage: „Wie muss der Technologiemix für eine energieeffiziente, CO2-neutrale und wirtschaftliche Produktion zukünftig aussehen?“, und zum anderen die Frage: „Welchen Beitrag können die Technologien: Elektrifizierung, Wasserstoff, Flexibilität dazu leisten?“. Im Fokus standen der technologiespezifische Entwicklungsbedarf, Herausforderungen und Hindernisse auf dem Weg zu einer CO2-neutralen Prozesswärmeerzeugung.
Es zeigte sich, dass eine Elektrifizierung für viele Anwendungen zum Stand der Technik gehört und bereits gegenwärtig für die Unternehmen von Bedeutung ist. Zukünftig sehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer EE-Strom, Wasserstoff aber auch Gas als die für ihr Unternehmen am relevantesten Energieträger an. Biogene Brennstoffe spielen eine untergeordnete Rolle. Die größten Herausforderungen für den Einsatz bestehen in der Verfügbarkeit der Energieträger und einer wirtschaftlichen Umsetzung CO2-neutraler Prozesswärmeerzeugung. Forschungs- und Entwicklungsbedarf besteht für elektrische Beheizungskonzepte insbesondere in der Erweiterung der Einsatzgrenzen und für den Einsatz von Wasserstoff in der Erprobung und Untersuchung des Einflusses auf Produktqualität, Ausbringen und Ofenkomponenten. Beiden Technologien wird ein hohes Potential zugeschrieben. Hybride Lösungen (Brenngas/elektrisch) gehören vereinzelt zum Stand oder Technik oder befinden sich in der Erprobung. Brennstoff-flexible Brenner werden anwendungsspezifisch eingesetzt. Die größte Hürde für den Einsatz hybride Lösungen, insbesondere für den flexiblen Einsatz von Brenngas und Strom liegt im zusätzlichen Investitionsbedarf. Dieser hat neben den Energie- und Betriebskosten, sowie dem CO2-Fußabdruck einen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidung für den Einsatz neuer Technologien. Der Forschungs- und Entwicklungsbedarf für hybride Technologien besteht insbesondere in der Modellierung, Automatisierung sowie Regelung unter Berücksichtigung prozess- und energiemarktspezifischen Kenngrößen. Hierzu ist eine enge Kooperation mit Energiedienstleistern und Netzbetreibern erforderlich um das Potential für wirtschaftliche Einsatzmöglichkeiten und den Beitrag zur Netzstabilität zu heben.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Diskussionsrunde einen hohen technologischen Reifegrad in Bezug auf die Möglichkeiten einer CO2-neutrale Prozesswärmeerzeugung. Es ist vor allem eine Frage der Verfügbarkeit und des wirtschaftlichen Einsatzes erneuerbarer Energien. Darüber hinaus fehlt es vielfach an Anwendungsbeispielen in denen das technische und wirtschaftliche Potential nachgewiesene wurde. Hier möchte das Innovationsnetzwerk weiter unterstützen und entsprechende Kooperationen und Projekte anstoßen sowie die Ergebnisse und Ansatzpunkte der Diskussionsrunde systematisch weiter vertiefen.